Brabanter
Abbildung 13.1 und 13.2

Abkürzungen: ~600 um 600, a. d. an der, Abd. Abdankung, Abh. Abhängigkeit, -b˘g. -burg, Bf. Bischof, -bg. -berg, Bgf. Burggraf, Bm. Bistum, d. Ä. d. Ältere, d. Ju. d. Junge, d. Jü. d. Jüngere, dt. deutsch, Ebf. Erzbischof, Ebm. Erzbistum, Ehz. Erzherzog, Fsm. Fürstentum, Fst. Fürst, Gf. Graf, Gfn. Gräfin, Gft. Grafschaft, Ghz. Großherzog, Ghzn. Großherzogin, Hz. Herzog, hzgl. herzöglich, Hzm. Herzogtum, Kf. Kurfürst, Kfm. Kurfürstentum, Kg. König, kgl. königlich, Kgn. Königin, Kgr. Königreich, Ks. Kaiser, Kurw. Kurwürde, Lgf. Landgraf, Mgf. Markgraf, Mgft. Markgrafschaft, n. 992 nach 992, Nied. Nieder-, Ob. Ober-, P.U./PU Personalunion, Pfg. Pfalzgraf, Pr./Prz. Prinz, Prät. Prätendent, Przr. Prinzregent, Reg. Regent(in), Sign. Signore, Sn. Seigneur, Statth./Sth. Statthalter, Thronf. Thronfolger, Unt. Unter-, v. 1045 vor 1045, v. Tirol von Tirol (v. wird dabei oft weggelassen, Bsp.: Gf. Hoya Gf. v. Hoya)
Beschreibung
Die hessischen Kurfürsten und Großherzöge gehörten demselben Geschlecht an wie die Herzöge v. Brabant, nämlich den Hennegauern, den Nachkommen Giselberts, des Grafen im Maasgau (ca. 840). In der Familiengeschichte der Brabanter lassen sich mithin drei Phasen unterscheiden: die Phase Hennegau (n. 840-1049), Brabant (1139-1355) und Hessen (1264-1918).
a) Phase Hennegau (n. 840-1049)
Die Grafen v. Hennegau kamen von Giselberts Enkelsohn Reginar II her. Dessen älterer Bruder Giselbert war jener Stammesherzog, der Lothringen dem westfränkischen König abspenstig und zu einem Gebiet Kg. Heinrichs I machte, aber sich gegen Ks. Otto I empörte.
Reginars II älterer Enkelsohn Reginar IV war der Großvater des letzten Grafen dieser Familie Hermann. Nach dessen Tod 1048 übernahm ein Zweig der Familie Flandern die Gft. Hennegau, während der Hauptzweig weiter die Gft. Flandern regierte.
b) Phase Brabant (1139-1355)
Von Reginars IV jüngerem Bruder Lambert I kamen die Brabanter her: Lamberts Urenkel Gottfried I war Hz. v. Niederlothringen gewesen bis 1128, als Walram v. Limburg ihn ablöste. Beide starben 1139, und das Hzm. Niederlothringen, seit 959 Zerfallsprodukt Lothringens, zerfiel seinerseits, nämlich in Limburg und Brabant: Walrams Sohn Heinrich II stieg 1140, Gottfrieds Sohn Gottfried II 1141 zum Herzog auf. Von Heinrich II stammten die Luxemburger ab (siehe 3.1-2), während Limburg 1287 an die Brabanter kam, die von Gottfried II abstammten und 1355 mit Hz. Johann III endeten.
Zwei Seitenzweige, Perwez und Gaesbeek, waren schon 1270 bzw. 1324 ausgestorben.
c) Phase Hessen (1264-1918)
Dagegen sollte sich der dritte Zweig Hessen als langlebig herausstellen. Hz. Heinrich II hatte Sophie v. Thüringen geheiratet, die Tochter Lgf. Ludwigs IV und Elisabeths d. Heiligen. Nach dem Tode 1247 des letzten Ludowingers Heinrich Raspe, des Bruders Ludwigs, entbrannte zwischen Sophie und den Wettinern der Erbfolgekrieg um Thüringen, aus dem sie ihrem Sohn Heinrich (I) als Beute 1264 Hessen mitbrachte. Doch die neue sog. Landgrafschaft war eher ein aus den Regionen Kassel (Niederhessen) und Marburg (Oberhessen) konstruiertes Doppelgebiet, zwischen dessen Stücken die Gft. Ziegenhain wie eine Barriere lag.
1) Teilung 1308 (Kassel, Marburg)
Nach Heinrich I wurde 1308 denn auch Otto I Ober-, seinem Bruder Johann Niederhessen zugeteilt. Hätte Johann Nachkommen gehabt, so wäre das geteilte Hessen, ohnehin durch ständige Kämpfe zermürbt, im 14. Jh. untergegangen. Doch mit dem Tod Johanns v. Kassel wurde Hessen 1311 dynastisch, mit dem Tod Johanns II v. Ziegenhain aus dem Hause Reichenbach 1450 auch geographisch vereint: Lgf. Ludwig III konnte sich dessen Grafschaft sichern und damit die Barriere zwischen Nord- und Südteil wegräumen.
Nach seinem Tod 1458 gelangten beide Teile zwar erneut an zwei verschiedene Linien, aber Heinrich III v. Marburg konnte abermals einen bedeutenden Zuwachs verbuchen, indem er sich 1479 die Gft. Katzenelnbogen im Rhein-Main-Gebiet erheiratete. Allerdings zeichnete sich damit bereits das Herauswachsen des späteren Darmstädter Anteils ab.
2) Teilung 1567 (Kassel, Darmstadt)
Nach Wilhelms III Ableben vereinigte sein Cousin Wilhelm II v. Kassel 1500 Hessen wieder. Dessen Sohn Philipp d. Großmütige wurde der Stammvater der klassischen Linien Hessens: Mit Wilhelm IV begann 1567 die Kasseler, mit Georg I die Darmstädter Richtung. Ludwig († 1604) und Philipp d. Jüngere († 1583) konnten es in Marburg bzw. Rheinfels nicht zu Linien bringen.
Diesem Umstand verdankte sich übrigens nach 1604 ein Erbfolgestreit, als dessen Resultat 1648 neue Zweige hervortraten, nämlich Rotenburg und Eschwege, die nach mancherlei Umverteilungen 1834 endeten; ferner nach Wilhelm VI 1685 der Zweig Philippsthal (-1925) mit dem 1722 entsprossenen Seitenzweig Barchfeld (-1954).
Nach Wilhelms VI Sohn Lgf. Carl regierte ab 1730 dessen ältester Sohn Friedrich, der 1720 als schwedischer König dem berühmten Karl XII gefolgt war, Schweden und Kassel in Personalunion. Dann folgte in Kassel Carls jüngerer Sohn Wilhelm VIII, in Schweden aber das Haus Oldenburg-Gottorp (siehe 9.1-2). 1764 konnte dessen Enkelsohn Wilhelm IX den Anteil Münzenberg von Hanau erwerben, während der Anteil Lichtenberg 1736 an Darmstadt gegangen war.
Georg I v. Darmstadt hatte von der Linie Rheinfels 1583 Homburg erhalten, und hier eröffnete der jüngere Sohn Friedrich I 1622 eine Homburger Seitenlinie, die übrigens von Preußen im selben Jahr geschluckt wurde wie auch das Kfm. Hessen-Kassel: nach dem Deutschen Krieg 1866. Das Ghzm. Hessen-Darmstadt indes überlebte bis 1918.
Erwähnung verdient noch dessen morganatische Seitenlinie Battenberg, benannt nach den 1314 ausgestorbenen dortigen Grafen: Hz. Ludwigs II Sohn Alexander hatte 1851 Julie Gfn. v. Hauke geheiratet, die 1858 Prinzessin v. Battenberg wurde. Ihr älterer Sohn Ludwig-Alexander hieß seit 1917 Mountbatten und war mütterlicherseits Großvater Prinz Philips, des Gatten Kgn. Elisabeths II; der jüngere, Alexander, regierte zwischen 1879 und 1886 das Fsm. Bulgarien.