Frankenreich und Nachfolger

Abbildung b.3 und b.4

Abkürzungen: ~600 um 600, a. d. an der, Abd. Abdankung, Abh. Abhängigkeit, -b˘g. -burg, Bf. Bischof, -bg. -berg, Bgf. Burggraf, Bm. Bistum, d. Ä. d. Ältere, d. Ju. d. Junge, d. Jü. d. Jüngere, dt. deutsch, Ebf. Erzbischof, Ebm. Erzbistum, Ehz. Erzherzog, Fsm. Fürstentum, Fst. Fürst, Gf. Graf, Gfn. Gräfin, Gft. Grafschaft, Ghz. Großherzog, Ghzn. Großherzogin, Hz. Herzog, hzgl. herzöglich, Hzm. Herzogtum, Kf. Kurfürst, Kfm. Kurfürstentum, Kg. König, kgl. königlich, Kgn. Königin, Kgr. Königreich, Ks. Kaiser, Kurw. Kurwürde, Lgf. Landgraf, Mgf. Markgraf, Mgft. Markgrafschaft, n. 992 nach 992, Nied. Nieder-, Ob. Ober-, P.U./PU Personalunion, Pfg. Pfalzgraf, Pr./Prz. Prinz, Prät. Prätendent, Przr. Prinzregent, Reg. Regent(in), Sign. Signore, Sn. Seigneur, Statth./Sth. Statthalter, Thronf. Thronfolger, Unt. Unter-, v. 1045 vor 1045, v. Tirol von Tirol (v. wird dabei oft weggelassen, Bsp.: Gf. Hoya Gf. v. Hoya)

[Erläuterungen siehe Grafische Nomenklatur]

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Beschreibung

Auf der Karte (b.3 oben) sehen wir das Reich der Franken. Um 800 war es zum karolingischen Imperium geworden, das vom Atlantik bis zur Adria-Nordsee-Linie reichte. Die Maas bildete seine Nord-Süd-Achse. Westlich von ihr lag Neustrien, östlich Austrien, das spätere Lothringen. Neustrien, nun unter dem Namen Francien, wurde zum Kern des Westfränkischen, Austrien, nun unter dem Namen Franken, zum Kern des Ostfränkischen Reiches, in welche das Frankenreich im 9. Jh. zerfiel.

Um 460 hatten die Franken den Maas-Bogen eingenommen. Nach Austrien stießen um 480 die ripuarischen, nach Neustrien ab 486 die salischen Franken vor. Zu diesem Kerngebiet kam unter den Merowingern 507 Aquitanien hinzu, danach die gesamte Rhein-Main-Region, also auch Alamannien (= Schwaben) (507) und Thüringen (531); und unter den Karolingern noch die beiden anderen späteren deutschen Stammesherzogtümer: Bayern (788), Sachsen (804).

Von der Peripherie her setzte der Zerfall ein: Burgund (534 fränkisch) entglitt den Karolingern 879, Italien (774 fränkisch) 888, Ostfranken 911. Aus Ostfranken wurde das Kgr. Deutschland, bestehend aus den sechs Stammesherzogtümern. Deren wichtigstes, Lothringen, blieb auch im 10. Jh. heftig umkämpft. Denn es war das alte Zentrum, die Rhein-Maas-Region, und in Westfranken regierten noch Karolinger, deren Politik sich weiterhin um die Maas drehte. Erst unter den Capetingern (ab 987) wurde Zentrum Frankreichs die Seine, die Ost-West-Achse Franciens.

Ähnlich könnte man von den Ottonen sagen, unter ihnen sei Zentrum Deutschlands der Main, die Ost-West-Achse (Main-)Frankens, geworden. Aber die Analogie hinkt. Die Ottonen und Salier brachen nicht mit den Karolingern, wie das den Capetingern gelang, sondern traten in die Fußstapfen der Karolinger.

Hieraus resultierten fünf Bestrebungen, die miteinander zusammenhingen und alle scheiterten:
1) Durchsetzung der Königsmacht in Lothringen,
2) Italienpolitik,
3) Kaiserpolitik,
4) Durchsetzung der Einheit gegen die zentrifugalen Interessen der Herzöge,
5) Ostpolitik.

Was letztere betrifft, zeigt b.3 den Zuwachs an der östlichen Peripherie unter den Ottonen: sächsische Marken 937, Böhmen 950, bayrische Marken 970; und seit den Staufern: Pommern 1181, Schlesien 1335. (Die Skizze (b.3 unten links) faßt das Gesagte schematisch zusammen.)

Das Schema b.4, das man als Geschlechter-Stammbaum bezeichnen könnte, illustriert die Entwicklung seit den Karolingern unter dynastischem Gesichtspunkt. In der Mitte sehen wir Dynastien, deren Wirkungsfeld in Italien lag, links Dynastien im französischen, rechts im deutschen Bereich. (Schläuche bezeichnen Zugehörigkeit zur selben Familie, Pfeile bedeuten den Machtwechsel.)

Im einzelnen läßt sich das Schema am besten anhand der dort angegebenen Jahreszahlen erklären:

745

wurde der Robertiner Robert Cancor, Urgroßvater Poppos I, Gf. im Oberrheingau (siehe auch 2.2).

852

rückten mit Gf. Robert I, Vater von Kg. Odo und Kg. Robert v. Westfranken, die Robertiner in die politische Elite Westfrankens auf.

879

machte sich Boso, Sohn Gf. Bivins v. Metz, als Kg. v. Niederburgund von den Karolingern unabhängig,

888

ebenso der Welfe Rudolf I als Kg. v. Hochburgund,

889

ebenso Wido v. Spoleto als Kg. v. Italien.

~900

trat mit Gf. Reginar I seine Familie im Hennegau hervor.

906

entmachteten die Konradiner Mgf. Poppos II Familie.

911

folgte auf den Karolinger Ludwig d. Kind Kg. Konrad I,

919

auf Konrad Kg. Heinrich I.

926

folgte auf Wido als Kg. v. Italien Hugo, Urenkel Gf. Bosos v. Arles.

936

kamen nach Kg. Rudolf, Enkel Bivins v. Metz, wieder Karolinger auf den französischen Thron.

939

starb der Sohn Reginars I v. Hennegau, Hz. Giselbert, so daß Lothringen an Kg. Ottos I Bruder Heinrich kam.

949

wurde Boso II, Schwiegersohn des Biviningers Karl Konstantin, Gf. v. Arles, womit das Haus Provence entstand.

950

folgte Berengar II, Sohn Mgf. Adalberts v. Ivrea, auf Hugos Sohn Kg. Lothar.

951

übernahm Otto I in Italien das Königtum Lothars († 950).

959

kam Oberlothringen an Hz. Friedrich I aus der Familie Wigerichs.

~982

etablierte sich Berengars II Enkel Odo-Wilhelm im altwelfischen Hochburgund.

987

folgte Kg. Hugo Capet auf den letzten Karolinger.

995

gründete Odo-Wilhelm v. Ivrea die Gft. Burgund; seine Nachkommen trugen später den Namen Chalon.

1015

wurde Lambert I aus dem Hause Hennegau Gf. v. Löwen und so Stammvater der Brabanter.

1024

folgte auf Ks. Heinrich II Ks. Konrad II.

1032

zweigte sich mit Kg. Heinrichs I Bruder Hz. Robert I die Linie Burgund von den Capetingern ab.

1047

kam Oberlothringen von Gottfried II an Hz. Adalbert.

1055

starb Gf. Welf III; seine Schwester Kunizza war die Frau Alberto Azzos II v. Este.

1057

starb der letzte Schweinfurter, Mgf. Otto, aus einer Seitenlinie der Popponinger.

1070

kam Bayern von den Saliern (-1061) an Hz. Welf IV.

1101

kam Niederlothringen an Heinrich I v. Limburg,

1106

an Gottfried V v. Brabant.

1115

wurde Otto I v. Scheyern (aus einer Seitenlinie der Schweinfurter) Gf. v. Wittelsbach.

1126

bestieg der Sohn Raimunds v. Ivrea als Alfons VII den Thron Kastiliens; von ihm stammte auch das Haus Trastamara ab.

1131

übernahm Gf. Berenguer Ramon I v. Barcelona die Provence.

1138

folgte auf den letzten Salierkaiser Heinrich V († 1125) Kg. Konrad III.

1151

wurde Gf. Raimund Berengar IV v. Barcelona Kg. v. Aragon.

1180

folgte in Bayern auf Hz. Heinrich d. Löwen Otto v. Wittelsbach.

1214

erhielt Hz. Walram IV v. Limburg durch Heirat die Gft. Luxemburg.

1232

wurde Kg. Ludwigs VIII Sohn Karl Gf. v. Anjou.

1246

erbte Karl v. Anjou die Provence.

1266

starb der Staufer Manfred, und Karl übernahm Sizilien.

1282

entriß ihm Peter III v. Aragon Sizilien (Sizilianische Vesper).

1287

kam das Hz. Limburg an Brabant.

1314

folgte nach dem letzten Stauferkönig Konrad IV († 1254) Ludwig IV d. Bayer.

1315

kam die Gft. Burgund an den Hz. v. Burgund.

1328

folgte auf die Capetinger als Könige Frankreichs die Seitenlinie Valois.

1347

folgte auf Ludwig IV Kg. Karl IV.

1356

wurde Kg. Johanns d. Guten Sohn Ludwig Graf v. Anjou, womit er die jüngeren Anjou begründete.

1363

starb Hz. Philipp I v. Burgund, und mit Philipp II folgte dort das Haus Valois.

1382

starb Kg. Ludwig d. Gr. v. Ungarn, und mit Kg. Ludwig I v. Neapel folgten die jüngeren auf die älteren Anjou.

1406

kam Brabant an Burgund.

1412

bestieg Ferdinand, Sohn Kg. Johanns I v. Kastilien, nach Kg. Martins Tod (1410) den Thron Aragons.

1433

kam an Burgund die Gft. Holland von den Wittelsbachern, später die Gft. Luxemburg von den Luxemburgern.

1438

folgte auf Ks. Sigismund Kg. Albrecht II.

1442

kam Neapel von Kg. René, Enkel Ludwigs I v. Anjou, an Kg. Alfons V v. Aragon.

1477

starb Hz. Karl d. Kühne; Burgund fiel an Maximilian v. Habsburg.

1498

folgte in Frankreich auf die Valois die Seitenlinie Orléans,

1515

deren Seitenlinie Angoulême.

1516

starb Ferdinand II v. Aragon; Spanien fiel an Karl v. Habsburg.

Bemerkung: Die Karte (b.3 oben) enthält 15 Orte, die in 1.1 bis 18.2 erwähnt wurden und hier nur deshalb eingezeichnet sind, weil sie sich auf den Karten a.1-a.4 nicht unterbringen ließen.